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Matthias Heitmann  Klartext

Multikulturelle Selbstzensur

Und wieder haben Islamisten in Deutschland einen Sieg errungen, ohne dass sie dazu auch nur einen Finger krumm machen mussten. Allein die Befürchtung, sie könnten sich durch Textpassagen des Romans „Wem Ehre gebührt“ verletzt fühlen, war für den Verleger Felix Droste Grund genug, die Rechte an dem Roman kurz vor Drucklegung zurückzugeben. Der Düsseldorfer Verleger hatte zuvor den Kriminalroman der Autorin Gabriele Brinkmann (Pseudonym: W. W. Domsky), der von einem Ehrenmord handelt, von einer Expertin auf „Stellen prüfen lassen, die die Sicherheit meiner Mitarbeiter oder meiner Familie beeinträchtigen könnten“. Die Expertin monierte sodann Dialog-Passagen wie „… schiebt euch euren Koran doch …“ als anstößig. Da sich die Autorin aber weigerte, die potenziell „islamfeindlichen“ Textstellen zu glätten, verzichtete Droste auf die Publikation des Romans. Spätestens nach den Mohammed-Karikaturen wisse man, dass man Sätze oder Zeichnungen, die den Islam diffamieren, nicht veröffentlichen könne, ohne ein Sicherheitsrisiko einzugehen, lautete die Rechtfertigung dieses Aktes von (Selbst-)Zensur. Droste ist nicht der Erste, der in Deutschland aus Angst vor Islamisten die Fahne der künstlerischen Freiheit verlässt und somit, ob gewollt oder nicht, der islamistischen Säuberung von Kunst und Kultur Vorschub leistet. Im Jahr 2006 hatte die Deutsche Oper in Berlin die Inszenierung von Mozarts „Idomeneo“ aus denselben Gründen abgesetzt. In seinem Novo-Artikel „Die westliche Internalisierung der Fatwa“ (Novo99, 3–4 2009) erklärte der britische Soziologe Kenan Malik den Zusammenhang zwischen der steigenden Bereitschaft, die Meinungsfreiheit zu beschneiden, mit der gesellschaftlichen Fokussierung auf den Multikulturalismus: „Es ist ihre Angst [der Vertreter des linksliberalen und grünen Spektrums], man könnte Anstoß erregen, die zu einer Kultur beigetragen hat, in der Menschen verlernen, mit Kritik und abweichenden Meinungen umzugehen.“ Diese Entwicklung führt dazu, dass angstgetriebene Anpassung zum Kernelement verantwortungsvollen Verhaltens wird. Wer so verantwortungsvoll ist, braucht keine islamistische Bedrohung.



Erschienen in: NovoArgumente (Nr. 103, 11-12 2009), www.novo-argumente.com