In seinem Bühnenprogramm „Denken lohnt sich“ stellt der Kabarettist und gelernte Physiker Vince Ebert seinem Publikum die scherzhafte Frage, ob es tatsächlich glaube, dass der Klimawandel in der Steinzeit dadurch ausgelöst worden sei, dass der Neandertaler die Grillsaison eröffnet habe. Selbstverständlich sind ihm die Lacher sicher. Tatsächlich aber ist die Vorstellung, der Mensch habe bereits vor 6500 Jahren, also seit Beginn der Steinzeit, durch den beginnenden Ackerbau und die Landrodung die weltweite CO2-Konzentration in die Höhe getrieben, bis heute eine ernsthaft und viel diskutierte Hypothese. Diese ist nun jedoch von Klimaforschern der Abteilung für Klima- und Umweltphysik am Physikalischen Institut der Universität Bern, des ebenfalls dort ansässigen Oeschger Zentrums für Klimaforschung sowie des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven widerlegt worden. Laut der Studie, die Ende September in der Zeitschrift Nature veröffentlich wurde, ist ein menschlicher Einfluss auf das globale Klima erst ab dem 18. Jahrhundert messbar, also mit dem Beginn der industriellen Revolution und der Verbrennung von Kohle, Erdöl und Erdgas. Die Forscher hatten die in antarktischen Eisbohrkernen eingeschlossene Luft aus der Antarktis hinsichtlich der dort enthaltenen CO2-Konzentration und der Anteile der Kohlenstoffisotope C-12 und C-13 untersucht. Während sich bei der CO2-Aufnahme der Ozeane das Isotopenverhältnis zwischen C-12 und C-13 kaum verändert, bevorzugen Pflanzen für die Stoffumwandlung von Kohlenstoff das Isotop C-12 und speichern dieses ab, was den Anstieg des C-13-Anteils im CO2-Gehalt der Atmosphäre zur Folge hat. Einen solchen Anstieg im Zeitraum von 11.000 bis 6.500 Jahren vor unserer Zeit konnten die Forscher durch die Ausbreitung der Ökosysteme nach dem Ende der letzten Eiszeit erklären. Der nachfolgende Anstieg der CO2-Konzentration in der Atmosphäre sei jedoch nicht mit einer deutlichen Veränderung der C-13-Konzentration einhergegangen, was auf Ozeanprozesse als Ursache hindeute – und nicht auf menschliche Einflüsse, so die Folgerung der Wissenschaftler. Der Steinzeitmensch ist demnach von dem Vorwurf, Klimakiller zu sein, freizusprechen! Man stelle sich vor, die Forscher hätten herausgefunden, dass schon die Einführung des Ackerbaus die Klimakatastrophe eingeleitet hätte. Was wäre aus der Forderung geworden, der Mensch müsse zu seinen Wurzeln zurückkehren und extensive Landwirtschaft betreiben, mit der heute Ökologen und Klima-Alarmisten uns den Weg nach vorn in die Vergangenheit weisen? Der Freispruch des Steinzeitmenschen ist also nur ein Teilerfolg; einen gehörigen Schritt weiter wären wir, wenn auch die industrielle Revolution nicht primär als Beginn des globalen Klimauntergangs, sondern als essenzieller zivilisatorischer Durchbruch gewertet würde, ohne den wir Klimaveränderungen weitaus schutzloser ausgeliefert wären.
Erschienen in: NovoArgumente (Nr. 103, 11-12 2009), www.novo-argumente.com